Wie ist das eigentlich mit den Wurzeln? - Gastbeitrag - Katja von Glinowiecki
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Wie ist das eigentlich mit den Wurzeln? – Gastbeitrag

Nach fast zwei Jahrzehnten Leben im Ausland (Thailand, Singapur, Spanien) stelle ich mir immer mal wieder die Frage, welche Bedeutung eigentlich unsere Wurzeln haben. Und sind Wurzeln gleichzusetzen mit Heimatgefühl?

Wenn man häufig den Wohnort wechselt, ist das in vielerlei Hinsicht immer wieder mit einem Neuanfang verbunden. Man durchlebt jedes Mal aufs Neue ganz unterschiedliche Phasen. Manchmal ist da die Anfangseuphorie und man sieht alles durch eine rosarote Brille. So war das bei mir in unserer Anfangszeit in Barcelona. Mein Mann war oft regelrecht genervt, weil ich, immer wenn er mal etwas zu kritisieren hatte, sofort mit einem ‘Ja aber’ gekontert habe. Man könne gar nichts Negatives sagen, ich sei ja total verliebt in die Stadt.
Und dann verfliegt diese Euphorie irgendwann. Man steht auf einmal mitten im Alltag und stellt sich die Frage ‘Bin ich eigentlich richtig hier angekommen?’. Im besten Fall hat man sich ein nettes soziales Umfeld aufgebaut. Aber sind diese noch sehr jungen Freundschaften vergleichbar mit denen, die man seit der Schulzeit hat?
Als Expat befindet man sich irgendwie ständig im Wandel. Und ganz ehrlich, es gibt Tage, an denen ich meine spanische Freundin beneide, die ihr gesamtes Leben hier verbracht hat und ihren vierzigsten Geburtstag, scheinbar endlos, mit all ihren langjährigen besten Freunden gefeiert hat. Mein Leben gibt das kaum her. Ich kann mich zwar glücklich schätzen, denn ich habe sehr gute Freunde. Teils aus der Schulzeit, viele enge Freundschaften sind aber auch während meiner Auslandsaufenthalte entstanden. Der Punkt ist nur, die meisten sind normalerweise nicht in meiner Nähe.

Da ist Heimweh manchmal vorprogrammiert. Nach so vielen Jahren beunruhigt mich dieses Gefühl allerdings nicht mehr, denn ich habe verstanden, dass es ganz normal ist. Es kommt und es geht. Beim ersten Auslandsaufenthalt ist es höchstwahrscheinlich noch recht klar und man sehnt sich nach zu Hause, nach der vertrauten Umgebung, Freunden und Familie. Je mehr Jahre vergehen und je mehr Orte dazukommen, an denen man gelebt hat, umso komplizierter scheint das Ganze zu werden. Denn unsere Wurzeln wachsen ja weiter. Wir haben sie nicht irgendwann gebildet und dabei bleibt es. Es gibt mehr Verästelungen. Mehr Erfahrungen, mehr Freundschaften, mehr Erlebnisse, die uns prägen und die uns zu dem haben werden lassen, der wir heute sind. Klar sind die Wurzeln von früher noch da, aber eben nicht mehr ausschließlich. Neulich habe ich folgenden Spruch gelesen: ‘So here you are. Too foreign for here. Too foreign for home. Never enough for both.’Und ja, manchmal fühle ich genau das. Manchmal habe ich einen Anflug des Gefühls entwurzelt zu sein. Ich glaube es gehört schlicht und einfach zum Leben als Expat dazu.
Aber meistens kann ich zum Glück all die schönen Dinge sehen, die dieses Leben mit sich bringt: Immer umgeben zu sein von unterschiedlichen Kulturen, Freunde in aller Welt zu haben, viele neue Orte zu entdecken, Sprachen zu lernen und vieles mehr.
Und letztendlich ist es ja bei einer Pflanze auch so, wenn man sie umpflanzt; ihre Wurzeln pflanzt man mit um, damit sie an einem neuen Ort weiter wachsen können. Wir haben unsere Wurzeln also immer bei uns.
Simone Mattig

Zu meiner Person
Mein Name ist Simone Mattig. Zusammen mit meinem Mann und unseren zwei Töchtern (12 und 15 Jahre) lebe ich derzeit in Barcelona. Vor 4 Jahren sind wir hierher gekommen, nach 10 Jahren in Singapur. Mein erster Auslandsaufenthalt davor war Bangkok.

Ich bin gelernte Werbekauffrau und staatl. gepr. Kommunikationswirtin. Als Inhaberin von Bevisible Pte Ltd biete ich Services im Bereich Marketing und Werbung an.

Außerdem bin ich ausgebildete Yoga-Lehrerin und Yoga spielt in meinem Alltag eine sehr große Rolle. Ebenso die Natur, das Reisen, die Kreativität und natürlich meine Familie und Freunde.