
14 Dez Stereotype – DER Deutsche, DIE Chinesin, DER Inder
Vor eine paar Tagen besuchte ich die Konferenz „Frauen in der digitalen Zukunft: Stereotype durchbrechen #BreakingBias“. Eine Veranstaltung unter der Leitung von Prof. Dr. Isabell M. Welpe vom Lehrstuhl Strategy & Organization an der TU München. Soweit, so gut. Viele viele anwesende Frauen und wenige Männer hörten Impulsvorträge und Diskussionsrunden, erhielten Inspiration, förderten den Austausch von Erfahrungen und neue Studien wurden zum Thema beleuchtet – vor allem aus den Bereichen Medien, Bildung und Wirtschaft.
Unabhängig von Kontext und Thema war der Tenor einhellig: Wir müssen mit Stereotypen brechen, über vereinfachte Verallgemeinerungen hinausdenken und unser eigenes Verhalten hinterfragen.
Wo passt das nun in meinen Themenbereich?
Ich arbeite sehr viel mit Stereotypen, verurteile sie nicht generell und greife zur Erklärung von kulturellen Phänomenen und Eigenheiten immer wieder darauf zurück. Eher unbewusst und als vereinfachten Ansatz zur Erläuterung von kulturell-typischen Verhaltensmustern. Mir ist natürlich bewusst, dass jeder Mensch ein Individuum ist und eine stereotypische Verallgemeinerung nicht immer zutreffend.
Es gibt nicht DEN Deutschen, der pünktlich und akkurat an seinem Projektplan arbeitet, Müll ordentlich trennt, wenig spontan ist und häufig jammert.
Genauso wenig gibt es DEN Chinesen, der keine Manieren hat, auf die Straße spuckt, ausschließlich Reis isst & grünen Tee trinkt und meisterlich KungFu beherrscht.
Und auch DEN Inder habe ich noch nicht gefunden, der arm, aber glücklich in einem chaotisch-dreckigen Slum lebt und ungebildet auf ein besseres Dasein im nächsten Hindu-Leben hofft.
Unser menschliches Gehirn nutzt Stereotype, um schneller arbeiten so können. Im Gegensatz zu unserem fast brain kommt unser slow brain nur in etwa 5% der Fälle zum Einsatz und benötigt weit mehr Energie und Zeit, um neue Situationen zu analysieren. Was ist nun schlecht daran mal mehr und mal weniger auf geläufige Stereotypisierungen zurückzugreifen? Ganz einfach: der schmale Grat zum Vorurteil.
Denn all das, was ich soeben über DIE Deutschen, DIE Chinesen und DIE Inder geschrieben habe, sind keine Stereotypen (=starre Muster), sondern von Emotionen geprägte Meinungen (=Vorurteile). Werden diese Meinungen nicht ständig überdacht, revidiert und bewertet, entstehen Vorurteile, die sich in unserem Gehirn sehr leicht als Stereotype festsetzen.
Was also tun? Sich mit den Kulturen, den Menschen, den Ländern auseinandersetzen, reisen, Erfahrungen sammeln, Neues entdecken, neugierig sein und das Fremdartige genießen. Nur wer seinem slow brain immer wieder auf die Sprünge hilft, kann Vorurteile minimieren und Stereotype in einem besseren Bild dastehen lassen.