Mein Leben als Expat - Teil 3 - Gastbeitrag - Katja von Glinowiecki
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Mein Leben als Expat – Teil 3 – Gastbeitrag

Mein Leben als Expat – Teil 3 – Gastbeitrag

Die beste Bildung im Ausland

Ich bin aus Singapur – einem Land, dessen Schulsystem einen ambivalenten Ruf genießt. Befürworter loben es dafür wie diszipliniert, strukturiert und gründlich es ist, Kritiker betonen seine negative Aspekte wie das Auswendiglernen, hohen Leistungsdruck und unflexible Lernpläne.

Ich bin mit diesem einen System aufgewachsen, der singapurischen Variante des Cambridge Lehrplans mit dem Credo, dass das Wissen ein solides Fundament braucht. Wir hatten Hausaufgaben, Tests und Klausuren von der ersten Klasse an. Wer nicht mithalten konnte, bekam Nachhilfe oder hatte private Tutoren. Vom ersten Tag wurde einem eingetrichtert, dass man es schaffen kann, wenn man sich nur genug anstrengt.

Seit ich selbst Kinder habe und wir unser Leben ins Ausland verlagerten, wurde Bildung für mich zu einem zentralen Thema. Sollte ich die Expat-Methode ausprobieren und sie spielerisch lernen lassen, oder sollte ich ihnen einen rigiden Lehrplan vorsetzen, damit sie mit Gleichaltrigen in Singapur mithalten konnten? Wir konnten ja nicht wissen, ob und wann wir wieder zurückziehen würden. Die erste Variante würde doch bestimmt meinem Kind zum Nachteil gereichen, oder? Und wäre Variante 2 im Ausland wirklich vergleichbar?

Kindergarten, Vorschule, internationale Schulsysteme

Der erste Kindergarten meines Sohnes war eine Mandarin-sprachige Vorschule. Ich machte mir Sorgen, dass er ansonsten nicht genug von seiner Muttersprache im täglichen Umfeld zu hören bekam. Nach zweieinhalb Jahren sind wir dann umgezogen, und er ging zu einer Vorschule nach britischem Vorbild. Der Unterricht war extrem gut und er lernte sehr früh lesen, was er dann auch sehr gerne tat. Mit fünf kam er in eine internationale Grundschule mit britischem Lehrplan, doch dann hieß es plötzlich wieder umziehen!

Wieder ein neues Land: am neuen Wohnort hatte die beste britische Schule keine Vorschulgruppen, und die australische internationale Schule hatte mehr zu bieten und war attraktiver: kleinere Klassen und junge, enthusiastische Lehrer. Die Lehrmethoden waren darauf ausgerichtet, Freude am Lernen zu vermitteln, und waren weniger am Lehrstoff und einem bestimmten Pensum orientiert. Meine Tochter verbrachte dort ihre ersten Schuljahre. Leider war ihr Unterricht weniger akkurat, und mit dem Fokus auf Spiel und Spaß brauchte sie länger, um das Lesen schätzen zu lernen (und mit ihren neun Jahren ist ihre Rechtschreibung für mich immer noch schockierend).

Nach zwei weiteren Jahren sind wir dann noch einmal umgezogen. Wir lebten für acht Monate wieder in Singapur! Die Kinder mussten zuerst zurück in den Kindergarten und ich wurde von den Lehrern gemaßregelt dafür, dass das Mandarin meiner Kinder weit unter dem Durchschnitt lag. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass es mir schwerfiel, mit ihnen zu üben, da ich selbst nur selten Mandarin spreche und meine Eltern zuhause besseres Bahasa als Mandarin sprachen! Mein Sohn durfte dann in eine singapurische Grundschule. Er meinte, die Lehrer seien sehr streng und alles sei sehr geordnet und still, aber er fand gute Freunde und die Schule machte ihm Spaß, obwohl sie sehr anders als die internationalen Schulen war.

Mit jedem Umzug neue Herausforderungen für Kinder – und Eltern

Dann zogen wir zurück nach Nordasien. Unsere Auswahl war sehr beschränkt. Eine christliche Schule (die sofort ausfiel wegen des Glaubens meines Mannes), eine heruntergekommene internationale Schule oder ein amerikanisches Schulsystem am Stadtrand, das sich zunehmender Beliebtheit erfreute. Wir entschieden uns für letztere Schule und meinen Kindern gefiel es ausgesprochen gut, weit weg von der schlechten Luft der Metropole. Der Lernprozess war stärker strukturiert und folgte dem amerikanischen Modell, dass mit dem dritten Lebensjahr beginnt. Mein Sohn hatte es Dank seiner soliden Anfänge im Lesen und Schreiben leichter, Fuß zu fassen und mitzukommen. Meine Tochter brauchte hingegen etwas länger, aber sie hatte freundliche und liebe Lehrer (die Glückliche!).

Mittlerweile sind wir zurück in einer südostasiatischen Stadt, und die Kinder sind seit drei Jahren in einer internationalen Schule. Die Schulen nach britischem Modell hatten keine freien Plätze und ich wollte meinen Sohn nicht auf die Warteliste setzen. Ich brauchte ein Jahr, um mich an die neue Schulform zu gewöhnen: keine Hausaufgaben, keine Rechtschreibung, kein Druck. Ich konnte es kaum zulassen, da ich immer damit rechnen musste, wieder umzuziehen. Deshalb machte ich jeden Tag Mathe und Mandarin Aufgaben mit ihm.

Es fällt beiden nicht leicht, nach einem vollen Schultag mit Sport noch für eineinhalb Stunden zu Hause zu üben. Es bringt sie und mich gleichermaßen an unsere Grenzen. Wir hatten viele Auseinandersetzungen deswegen, aber nun sind sie neun und elf und sie verstehen besser, weshalb das Üben zu Hause wichtig ist. Beide hatten Gelegenheit, sich an singapurischen Klausuren zu versuchen und am eigenen Leib zu erfahren, wo ihre Schwächen liegen und wo sie hinter dem Standard zurückfallen.

Es ist immer ein Kampf zwischen Spiel mit Freunden, Sportverein und Lernen. Aber es zeigt ihnen auf, dass ihre Entscheidungen Konsequenzen haben und es bringt ihnen auch bei, sich ihre Zeit besser einzuteilen. Meine Kinder sind mittlerweile daran gewöhnt, jeden Tag noch eine Stunde mit mir zu lernen. Das hilft ihnen auch, sich besser in der Schule zu konzentrieren und sicher haben sie deshalb auch keine Mühe, in der Schule ihre „Hausaufgaben“ zu machen.

Als Elternteil hat man es nicht immer leicht, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Man muss sich entscheiden zwischen strengem Lehrplan, wie vielleicht im Heimatland, oder einer Schule, die auf Spaß und Spiel in der Vorschule, und später auf Eigenständigkeit in der Grund- und Mittelstufe fokussiert – einer Herangehensweise, die wir selbst vielleicht ablehnen. Oder umgekehrt. Auch die Eltern selbst sind vom Schulformat betroffen, gerade wenn einer sich zuhause um die Kinder kümmert. Dann werden Elternabende und Gremienarbeit zum Austausch unabdingbar. Vielleicht geben auch andere Dinge letztlich den Ausschlag, zum Beispiel eine tolerante, offene Schule für Menschen mit LBGTQ oder Patchwork-Familie. Oder eine Schule, die keine Schuluniformen vorschreibt (insbesondere, wenn man oft umzieht – die Rechnungen für drei verschiedene Outfits für jede Saison kann leicht sehr hoch ausfallen).

Wie entscheide ich für die BESTE Schule?

Es gibt also viele Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen. Nicht zuletzt die Kosten, denn für einige internationalen Schulen müssen Eltern in einen so genannten Schulentwicklungsfond einzahlen, oft eine ganz schöne Summe zuzüglich der normalen Schulgebühren. Wenn man sich also erst einmal für eine Schule entschieden hat, wechselt man so leicht nicht mehr, dafür sind die Kosten viel zu hoch.

Mach also immer schön Deine Hausaufgaben

  1. versuch, so viele Informationen wie möglich über die Schulen zusammen zu tragen, schau Dir die Online-Foren und Bewertungen an,
  2. sprich mit Eltern, die vor der Schule auf ihre Kinder warten, um ein Gefühl für die Lage zu bekommen.
  3. Dann vertrau auf Dein Gefühl und triff Deine Entscheidung!
  4. Und bring immer Deine Kinder mit, wenn Du Dir die Schule anschaust. Wenn sie ihnen nicht gefällt, wird es Dir auf lange Sicht auch nicht gefallen.