Angekommen – Teil 1 - Katja von Glinowiecki
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Angekommen – Teil 1

Unser Abschied in China war herzzerreißend (für mich als Mutter) und tränenreich (für die gesamte Familie) –  und trotzdem von einer positiven Grundstimmung begleitet, die wir uns für unseren Neuanfang bzw. die Rückkehr nach Deutschland gewünscht hatten. Also das berühmte lachende und weinende Auge war mit im Gepäck.

Nun nach 3 Monaten in der neuen „alten“ Heimat erscheint uns das Land noch immer aus vielen Winkeln fremd. Ja, die Region ist eine andere, die Menschen und die Traditionen sind andere – Deutschland ist auch groß und sehr vielfältig. Da sollten uns doch eigentlich unsere Erfahrungen aus den mehrmaligen Umzügen im Ausland helfen, denn die Mechanismen sind die gleichen. Ankommen, Wohnung suchen, Alltag einrichten, Netzwerk aufbauen. Und doch ist eine Rückkehr in das Heimatland anders und gefühlt sehr viel anstrengender. Warum ist das so?

Antworten auf diese Frage fand ich bei meinen Recherchen zum Thema beim umgekehrten Kulturschock.  Die vier Phasen des Kulturschocks sind quasi gleich bzw. wiederholen sich bei der Rückkehr ins Heimatland genauso (Honeymoon Phase – Krise – Erholung – Anpassung). Die Symptome sind gleich, auch wenn die Ausprägungen personenabhängig unterschiedlich stark und hartnäckig auftreten. Prävention zwecklos, denn auch das Wissen darum hilft wenig, die eigenen Gefühle zu kontrollieren und die Psyche auszutricksen. Und genau das erlebe ich gerade an mir selbst und an meiner Familie!

Die Fachliteratur ist sich ebenfalls einig: je länger man weg war, desto ausgeprägter ist der Effekt. Wie kommt das? Für mich ein recht leicht zu erklärender Prozess. Wir haben uns verändert, viel erlebt und sind mit und an den täglichen Herausforderungen unseres Auslandsaufenthaltes gewachsen (aber die für uns spannenden Geschichten, sind für wenige nachvollziehbar und interessant – zu weit entfernt und fremd scheinen die Kulturen, von den wir zu berichten wissen) – aber das ist nicht alles.

Auch unsere Freunde und unser gewohntes Umfeld daheim haben sich verändert, nur eben anders als wir selbst (statt das Häusle zu bauen sind wir durch Asien gereist, statt in ein neues Auto haben wir in eine professionelle Fotokamera investiert).

Und nicht zuletzt die Gesellschaft, das Land aus dem wir vor ein paar Jahren weggezogen sind, hat sich ebenfalls verändert. Sicherlich haben wir diese Entwicklungen zum Teil mitverfolgt (wie zuletzt der zunehmende Rechtspopulismus im Land, die Bundestagswahlen 2017 und die folgende schwierige Regierungsbildung, Diskussionen über Datensicherheit und -missbrauch, Abgasnormen oder nicht fertiggestellte und zu teure Großbaustellen, ….).

All das ist weder lebensbedrohlich noch unüberwindbar, es ist keine Krankheit und kein Grund zur Ausgrenzung. Aber es ist wichtig, eigene Reaktionen und Symptome des Rückkehr-Kulturschocks wahrzunehmen und einzuordnen. Beim Umzug in ein fremdes Land bereitet man sich schließlich auch mit einem interkulturellen Seminar – im besten Fall – oder durch eigene Recherchen auf das Neue und Unbekannte vor.